Nach rund zwei Jahren haben wir eines der größten Grünhelme-Projekte abgeschlossen. Doch die Not syrischer Geflüchteter im Libanon bleibt groß. Ein neuer Hilferuf erreichte uns.
Von Martin Mikat
Aarsal, 19. März 2023. Die letzten Leerrohre sind befestigt, die letzten Kabel gezogen und die letzten Steckdosen, Lampen und Lichtschalter sind angeschlossen. Am Mittwoch, den 15. März wurden die beiden letzten Zelte im libanesischen Aarsal mit neuer Elektrik versorgt. Eines ist ein Wohnzelt und das andere eine kleine Schule in einem Camp.
Damit ist unser Elektrik-Projekt in Aarsal – eines der größten Grünhelme-Projekte überhaupt – vorerst abgeschlossen.
Zahlreiche Brände in den Camps
Kurz vor Corona hatten wir damit begonnen, die Zelte der geflüchteten Menschen aus Syrien mit einer neuen Elektrik zu versorgen. Regelmäßig war es in den rund 170 Camps in Aarsal aufgrund von Kabelbränden und Kurzschlüssen der schlechten Elektrikleitungen in den Zelten zu Bränden gekommen. Laut eines Partners vor Ort waren zeitweise täglich ein bis zwei Vorfälle. Dass niemand zu Tode kam, war oft reines Glück. Doch sehr oft verloren die Menschen ihr weniges Hab und Gut.
Schnell war klar: Ein Projekt zur Erneuerung der Elektrik unterstützt die Menschen aus Syrien direkt und bringt eine massive Verbesserung für die Lebensverhältnisse vor Ort. Das Projekt wurde von den Menschen vor Ort zu einem der wichtigsten Projekte ernannt.
Aus diesem Grund erhöhten wir unsere Anstrengungen. Rund 170 Camps bedeutete nämlich, dass etwa 10.000 Zelte mit neuer Elektrik auszustatten waren. Das Projekt zählt damit zu einem der größten Grünhelme-Projekte überhaupt – in finanzieller Hinsicht, aber auch aufgrund seiner Dauer mit knapp zwei Jahren.
Umso mehr freuen wir uns, dass wir nun alle Zelte in Aarsal mit Elektrik versorgen konnten. Damit ist das Projekt vorläufig abgeschlossen.
Dank an alle Beteiligten
Wir bedanken uns bei allen Syrer*innen in Aarsal, die uns ihr Vertrauen geschenkt und uns in ihr Zuhause gelassen haben. Ganz besonders danken wir unserem Team um Abu Feyrus und Abu Hussam, die das Projekt maßgeblich begleitet haben.
Wir sind fest überzeugt, dass wir mit diesem breiten Engagement in Aarsal einen Unterschied machen konnten.
Neuer Hilferuf aus den Geflüchtetencamps
Parallel zum Ende des Elektrik-Projektes ist ein neues Projekt in Aarsal gestartet, das wieder aus einer akuten Notlage der syrischen Geflüchteten entstanden ist.
Vor gut drei Wochen erreichte uns ein Hilferuf aus einem Geflüchtetencamp, in dem die Menschen in Wohncontainern leben. Diese Camps wurden bereits kurz nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs für die ersten Geflüchteten aus Syrien errichtet. Stellten sie zu Beginn eine bessere Alternative zu Zelten dar, sind sie nach über 10 Jahren Nutzung und ohne Wartung zum Teil stark beschädigt. Da sie auf der anderen Seite aber als bessere Unterkünfte als Zelte gelten, legten Hilfsorganisationen bisher kaum ein Augenmerk auf die Lebenssituation der Menschen in den Containern.
Wasser läuft in den Wohnraum
Als wir uns vor Ort ein Bild der Lage machten, waren wir schockiert: Die Dächer der Container sind so undicht, dass Wasser bei Regen stellenweise ungehindert in die Innenräume läuft. Die Menschen wussten sich nicht anders zu helfen, als in den kleinen Wohncontainern überall Eimer und Schüsseln aufzustellen, in die das Wasser bei schlechtem Wetter laut hinein plätschert.
Schnell war uns klar: Hier müssen wir anpacken! Durch unsere Erfahrung aus der Vergangenheit mit dem örtlichen Sicherheitsapparat wussten wir, dass eine enge Absprache und Genehmigungen für die Ausbesserung der Dächer mit Holz und insbesondere mit Dachblechen, erfolgen muss.
Weitere Spenden notwendig
Als die Sondergenehmigung für den Bau vorlag, ging es auch gleich los. Im Camp mit dem Namen Aidun, bestehend aus 146 Containern, war die Beschädigung der Dächer besonders schlimm. Mit diesem begannen wir und versahen die Container mit einem Überdach.
Neben dem ersten Camp liegt das Camp mit dem Namen Bunian Marsus, dieses besteht aus Zelten und 34 Containern. Die Dächer waren in einem etwas besseren Zustand. Dieses Camp bietet alleinstehenden Frauen und ihren Kindern aus Homs eine Zuflucht. Die meisten Frauen haben ihre Ehemänner im Krieg verloren. Dieses Camp haben wir in drei Tagen mit neuen Dächern versehen.
Insgesamt haben die 180 Dächer für die Container rund 34.000€ gekostet. Allerdings hat nun ein weiteres Camp mit 14 Containern, welches ebenfalls nur von alleinstehenden Frauen bewohnt wird, unsere Hilfe angefragt. Dazu benötigen wir weitere 3.000€ Spenden, die wir mit Ihrer Hilfe schnell erreichen können.
Inflation treibt Preise im Libanon hoch
Denn auch im Libanon steigen die Preise für Stahl und Holz beinahe täglich. Zusätzlich versucht die Interimsregierung durch immer neue Steuererhöhungen den immer weiter in eine Wirtschaftskrise versinkenden Staat abzufangen. Das treibt die Preise zusätzlich in die Höhe.
Die Wirtschaftskrise hält an, und in den letzten zwei Wochen ist der Wechselkurs von 80.000 Libanesischen Pfund pro Dollar auf 105.000 gerutscht. Der Wertverlust der Währung ist sowohl für Libanesen als auch Syrer im Land eine Katastrophe und führt immer wieder auch zu Spannungen zwischen beiden Gruppen.
Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass der Libanon so viele Geflüchtete aufgenommen hat wie kein anderes Land. Jeder fünfte im Land ist ein Geflüchteter aus Syrien und auch wenn die Lage zwischen den beiden Gruppen angespannt ist, ist der Umgang mit den Menschen größtenteils bewundernswert.
Jetzt für die Geflüchteten im Libanon spenden!
IBAN: DE62 4306 0967 0001 0700 00
BIC: GENODEM1GLS (GLS Gemeinschaftsbank eG)