Für syrische Flüchtlingskinder im Libanon stehen die Bildungschancen schlecht. Darum freuen wir uns, dass wir das fünfte Jahr in Folge ein freies Bildungszentrum unterstützen können.
Von Yvonne Neudeck
Bonn, 18. Juni 2022 – Seit vier Jahren unterstützen die Grünhelme nun bereits das Bildungszentrum unseres belgischen Partners SB Overseas in Arsal, einer Kleinstadt im Osten des Landes. Genauer: Wir haben die Finanzierung des Schulbetriebs innerhalb des Zentrums übernommen. In der kleinen Schule werden momentan über 300 Kinder unterrichtet, von der Vorschule bis zur 6. Klasse. Es wurde in zwei, zeitweise sogar auch in drei Schichten unterrichtet, um die Teilnahme am Unterricht möglichst vielen SchülerInnen zu ermöglichen. Die Wartelisten sind trotzdem immer noch lang.
Insgesamt sieben LehrerInnen und eine Psychologin arbeiten unermüdlich und mit viel Engagement, und geben den Kindern durch den täglichen Schulbesuch und die Betreuung einen stabilen Rahmen und Halt in ihrem Leben.
Das Leben im Zelt ist zum Dauerzustand geworden
Die Eltern der Kinder sind vor dem Krieg aus Syrien geflohen, und was sich erst wie eine vorübergehende Episode anfühlte, ist schon lange zum Dauerzustand geworden. Viele leben schon seit über zehn Jahren in Arsal, wohnen immer noch in Zelten und an eine Rückkehr in die Heimat, die so nah an der Grenze zu Syrien buchstäblich zum Greifen nah ist, ist auf absehbare Zeit nicht zu denken. Viele Kinder kennen das Heimatland ihrer Eltern nur noch aus Erzählungen, entweder sind sie im Libanon geboren, oder erinnern sich kaum mehr an ihre frühe Kindheit in Syrien. Wie die Grünhelme die BewohnerInnen in den Camps seit einigen Jahren noch unterstützen, erfahren Sie hier.
Informelle Schulen füllen große (Wissens-)Lücken
Da viele syrische Kinder keinen Platz auf den regulären libanesischen Schulen fanden, bildeten sich vielerorts informelle Schulen, in denen syrische LehrerInnen mit knappen bis gar keinen finanziellen Mitteln versuchen, die Lerndefizite nicht zu groß werden zu lassen. Diese von Seiten der libanesischen Regierung mit großer Skepsis betrachteten Bildungsorte mussten immer wieder Hürden nehmen, um weiter bestehen zu können (hier mehr lesen). Aufgrund der hohen Nachfrage konnten viele Schülerinnen längere Zeiten keine Schulen besuchen, was den Wiedereinstieg in eine libanesische Schule zusätzlich erschwert. In „unserer“ Schule werden die SchülerInnen nach libanesischem Curriculum auf einen Übergang in eine libanesische Schule vorbereitet, sobald es die Kapazität dort zulässt.
Die meisten Kinder gehen ein bis drei Jahre in diese Schule, bis sie einen Platz an einer staatlichen libanesischen Schule bekommen. 2018 begannen wir mit 160 Kindern, die Zahl steigerte sich kontinuierlich und hat sich binnen vier Jahren fast verdoppelt.
In diesem Schuljahr, das nun zu Ende geht, hat unsere Schule auch SchülerInnen aufgenommen, um ihnen Nachhilfe zu geben. Diese haben zwar einen Platz an einer regulären Schule bekommen, doch das Lehrpersonal an staatlichen Schulen hat in diesem Jahr über Monate seine Arbeit nieder- und somit die libanesischen Schulen lahmgelegt. Die Lehrkräfte demonstrierten für eine bessere Bezahlung und den Abschluss einer Krankenversicherung. Die dadurch entstandenen Unterrichtsausfälle fingen die informellen Schulen auf.
Der wirtschaftliche Niedergang, die politische Instabilität des Landes, die Korruption, die hohe Inflation, die hohen Benzin- und Dieselkosten und dann noch die Corona-Pandemie – all das macht den Alltag der Menschen sehr mühsam, und zwar in jedem erdenklichen Bereich: die Wohnsituation, die Arbeitssuche, die Ernährung, und letztlich auch der Schulbesuch der Kinder. Denn durch die hohen Transportkosten können sich einige Familie nicht einmal mehr den Schulbus leisten, berichtete uns ein Mitarbeiter unserer Partnerorganisation SB Overseas. Die Kinder müssen zu Fuß gehen.
Umso schöner ist es, dass wir Grünhelme – wie immer nur möglich mit Ihren Spenden! – nun schon seit 4 Jahren hunderten Kindern den Schulbesuch sichern konnten. Dies werden wir auch ein weiteres Schuljahr tun können, bis zum Sommer 2023.
Herzlichen Dank an alle SpenderInnen, die unsere Arbeit erst möglich machen!