Wer sind die Frauen, die tagtäglich für unser Team auf unserer Baustelle in Mosambik kochen? Grünhelmin Georgina führte ein Gespräch bei Keksen und Limo.
Von Georgina Straczowski, freiwillige Grünhelmin
Sovim, 07. April 2022 – Ich wollte die Frauen, die montags bis samstags für ca. 34 Arbeiter und mich den Tisch decken, auf offenem Feuer kochen, im Anschluss den gesamten Abwasch machen und somit ihren Beitrag zur Entstehung der Schulgebäude in Sovim (mehr über das Projekt) leisten, etwas kennen lernen.
An dieser Stelle muss ich dazu sagen, dass ich nicht vor hatte, mit den Frauen über das Patriachat, Rollenbilder oder geschlechtsspezifische Kindererziehung zu diskutieren. Ich bin erst wenige Wochen vor Ort, da ich weder portugiesisch noch Dao spreche, brauchte ich einen männlichen Dolmetscher für diese Zusammenkunft und ich wollte keinen Falls indiskret oder zu persönlich werden.
Es geht um Celina Augusto Paulo und Lucia Jeremija Thomash.
Lucia hat heute ihre jüngste Tochter Rosa während der Arbeit bei sich und auch jetzt, wo wir uns in einem leeren Klassenzimmer gegenüber sitzen, schläft Rosa, in ein Tragetuch gewickelt, auf Lucias Rücken.
Wer kümmert sich um die Kinder, wenn sie arbeitet?
Lucia fragt mich gleich zu beginn, ob es in Ordnung wäre, wenn sie das Baby zur Arbeit mitnehme. Damit kommt sie meiner Frage zuvor, denn ich wollte wissen, wie sie das die Wochen zuvor organisierte, als Rosa noch nicht beim Kochen dabei war. Wer kümmerte sich in dieser Zeit um ihre vier Kinder im Alter von 9 Monaten bis 5 Jahren? Natürlich ist das ok für mich, wenn Rosa bei ihrer arbeitenden Mutter ist.
Lucia erzählt, dass sie zuvor ihren älteren Kindern gezeigt habe, wie man ein Baby beruhigt, wenn es weint oder wie der Brei zubereitet wird, wenn alle Kinder eine Mahlzeit zu sich nehmen sollen. Um Geld für ihre Familie zu verdienen, müssen Lucias Kinder lernen, auf sich selbst gestellt zu sein. Im Vergleich zu Lucia oder auch zu Lucias Mutter werden Rosa und ihre Geschwister die Schule besuchen. In Mosambik wurde nun auch die Schulpflicht für alle Kinder bis zur Sekundarstufe zwei eingeführt.
Das ist der einzige Unterschied den Lucia benennt, als ich sie bitte, ihre Kindheit mit der ihrer eigenen Kinder zu vergleichen. Von dem Bau der Schulgebäude in Sovim erhofft sich Lucia eine gute Ausbildung für die Kinder, sodass sie in Zukunft eine bezahlte Arbeit finden mögen.
Was wünschen sie sich für ihre Kinder?
Celine stimmt Lucia zu. Sie selbst ist Mutter von sechs Jungs und wünscht sich, dass ihre Kinder sie und ihren Mann später einmal unterstützen werden, so, wie sie selbst es bei ihrer Mutter macht. Als ich frage, ob sie hin und wieder ein „Danke“ für ihre Arbeit zu hören bekäme, lacht Celina. Nein, sagt sie, aber das sei auch in Ordnung, denn schließlich sei es ihre Aufgabe als Frau, diesen Ansprüchen gerecht zu werden.
Mich als Frau auf einer Baustelle arbeiten zu sehen, ist für Celina und Lucia nichts Ungewohntes mehr. Sie hätten schon vor mir zwei Frauen der Grünhelme bei der Arbeit mitbekommen. Was hingegen für geschockte Gesichter sorgt, ist die Tatsache, dass ich „schon“ 33 Jahre bin und noch immer unverheiratet. Daraufhin erhebe ich meine Limoflasche und stoße mit den Frauen an. Wir lachen und auch der Dolmetscher kann nicht an sich halten.
Immer wieder wird das Gespräch vorsichtig von Männern unterbrochen, die anscheinend etwas mit Mapalane, dem Dolmetscher, zu bereden haben. So stelle ich noch meine letzte Frage, bevor wir gemeinsam das Geschirr des Mittagessens abspülen werden. Was würdet ihr tun, wenn ihr Zeit für euch selbst hättet? Lucia würde lernen wollen, wie man Holzkohle erstellt, um sie dann verkaufen zu können, damit sie für ihre Kinder und sich hin und wieder etwas Schönes besorgen könnte. Celine würde sich einfach entspannen wollen – das kann ich gut verstehen.
In Mosambik werden die Frauen am 07. April geehrt. Die Männer fragen an diesem Tag die Frauen, ob sie ihnen bei der Arbeit helfen können und vielleicht bekommen sie auch ein Geschenk, erzählen die beiden.
Über meine Einladung haben sich Celina und Lucia sehr gefreut. Ich freue mich auch sehr darüber, dass sich diese zwei Frauen Zeit für unser Treffen genommen haben und dass ich dadurch zwei weitere Personen des Teams etwas besser kennen lernen durfte.
Übrigens, Rosa schläft noch immer.
Über die Autorin: Georgina Straczowski (33) ist Steinmetzgesellin und arbeitet drei Monate ehrenamtlich am Bau einer Schule im Dorf Sovim in Mosambik mit. Die Grünhelme unterstützen die Menschen in Mosambik seit 2019 mit Wiederaufbau-Projekten. Damals hatte ein Wirbelsturm viele Gebäude im Land zerstört und Regionen überflutet.
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