Nach der monatelangen coronabedingten Pause können wir wieder in Sierra Leone arbeiten – an gleich zwei neuen Schulen. Sie entstehen im abgelegenen Osten.

Im Ort Mansadu erweitern wir unsere erste Schule, die bereits in Betrieb ist, noch um eine sogenannte Senior Secondary School. So können die Kinder der Region hier bald sogar das Abitur machen. Zehn Kilometer weiter, im Örtchen Maramaia, bauen wir die verfallene Grundschule neu auf.

Mansadu und Maramaia liegen ganz im Osten des kleinen westafrikanischen Landes, im neu entstandenen Distrikt Falaba. Aus verwaltungstechnischen Gründen wurde er vom riesigen Distrikt Koinadugu abgetrennt und der Aufbau von Infrastruktur steckt hier noch in den Kinderschuhen. Es gibt keine befestigte Straße, keine Busse in die Hauptorte des Landes, kein Krankenhaus und keine Hochschule. Die neuen Distrikt-Minister ziehen nur widerwillig in die neue Hauptstadt Mongo, die ein verschlafenes Nest ist.

Immerhin hat die Regierung den Bau von drei Krankenhäusern auf den Weg gebracht, die die kleinen und völlig unzureichend ausgestatteten Gesundheitsstationen entlasten sollen. Es ist zu hoffen, dass dadurch künftig weniger Mütter und Babys bei der Geburt sterben. In diesem Bereich gehört Sierra Leone laut Weltgesundheitsorganisation WHO zu den Schlusslichtern – und im abgelegenen Falaba ist es besonders schlimm.

Grundschulen gibt es zwar reichlich, doch sind die Gebäude meist zu klein für die vielen Kinder, Jahrzehnte alt und in miserablem Zustand. Weiterführende Schulen, die nach der sechsten Klasse ansetzen, kann man an einer Hand abzählen. Und so ist es kaum verwunderlich, dass die junge Generation hier kaum über den Tellerrand schauen kann. Das Leben als Subsistenzbauer oder Marktfrau ist vorbestimmt.

Äußerst schwer erreichbare Orte im Osten

Jetzt nach der monatelangen Regenzeit sind Maramaia und Mansadu wieder etwas besser zu erreichen. Doch auch in diesen Tagen müssen für die Reise aus der Hauptstadt Freetown zwei Tage mit dem Geländewagen eingeplant werden. Zu sehr sind die unbefestigten, lehmigen Pisten von den Wassermassen der Regenzeit und den sie durchwühlenden LKW in Mitleidenschaft gezogen.

Schulbau im Dorf Mansadu in Sierra Leone

Mansadu ist sicherlich einer der Profiteure der Verwaltungsreform. Hier entsteht eines der neuen Krankenhäuser, und auch der Markt, der in den Siebzigerjahren noch Händler*innen aus ganz Westafrika angelockt haben soll, wächst von Freitag zu Freitag. Die Junior Secondary School, eine Mittelschule für Kinder der Klassen sieben bis neun, die wir hier seit Mitte 2019 gebaut haben, ist bereits eröffnet und bringt zusätzliches Leben in den Ort. Nun folgt also noch die Oberstufenschule, die den Weg zum Abitur eröffnet. Und dies ist wahrlich eine Besonderheit, denn weit und breit gibt es eine solche Schule nicht.

Höhere Bildung nur für wohlhabende Familien

Bisher mussten die Jugendlichen hierfür in andere Orte ziehen, was sich nur wohlhabendere Familien leisten konnten. Immer wieder hören wir, dass es besonders für die Mädchen schwierig ist, da sie fern der Heimat Opfer von sexualisierter Gewalt durch Lehrer oder Mitschüler werden. Die neue Schule sei deshalb gerade für sie außerordentlich wichtig.

Im Oktober gingen unsere Bauarbeiten wieder los: Nachdem noch ein paar Reispflanzen geerntet werden mussten, wurde das Grundstück gegenüber der Mittelschule von allem Hinderlichen befreit: Alte Wurzeln von schon Jahren zuvor gefällten Palmen, auch ein paar kleinere Bäume mussten weichen. Für das Graben der Fundamentgräben hat Paramount Chief Seku den ganzen Ort animiert, gleichzeitig knüpften wir mit unserem lokalen Bau-Team Bewehrungskörbe, begannen mit der Produktion der Zementsteine und engagierten ein Team, dass aus den Natursteinen den Kies für Beton klopfte. Schon nach kurzer Zeit standen die Fundamente und mittlerweile auch die ersten Wände der neuen vier Klassenräume.

Das Tempo ist rasant, auch, weil wir von den Vorkenntnissen unserer Mitarbeiter profitieren. Viele der Männer hatten schon an der Junior Secondary School mitgearbeitet. Manchmal kommt die Community mit der Bereitstellung der lokalen Baumaterialien wie Sand und Natursteinen nicht hinterher, sodass hier und da auch eine Pause eingelegt werden muss. Insgesamt aber läuft die Baustelle hervorragend. So soll in den nächsten Wochen dann auch mit dem Dachstuhl begonnen werden.

Neue Grundschule für Maramaia

In Maramaia, einem kleineren Ort, gute zehn Kilometer von Mansadu entfernt, war die alte Grundschule in den letzten Jahren verfallen. Der Unterricht findet derzeit unter Bäumen und Schilfdächern statt – in der Regenzeit fällt er oft aus. Dieses Dorf braucht eine neue Grundschule. Die Bildungsbehörde des neuen Distrikts freut sich daher über unser Projekt. Paramount Chief Seku ging voran, stellte Land und ein kleines Häuschen für unser Grünhelm-Team zur Verfügung. Anfang November konnten die Arbeiten in diesem Projekt losgehen. Bereits in den Wochen zuvor hatte die Community Sand aus dem angrenzenden Fluss geschöpft und Natursteine aus den Wäldern hergeschleppt.

In Maramaia entstehen sechs neue Klassenräume sowie drei Lehrer*innenzimmer. Eine besondere Herausforderung ist die Topographie des Geländes, das stark abfällt, sodass wir in Stufen bauen und die Klassenräume auf verschiedenen Ebenen liegen werden. Hier haben wir es mit einem gänzlich neuen Bau-Team zu tun, dass aber in den ersten Wochen prima eingearbeitet werden konnte. Auch unser Empfang im Dorf war äußerst warmherzig, offen und freundlich, sodass wir uns schon jetzt sehr heimisch fühlen. Auch hier stehen bereits die Wände der ersten Klassenräume.

Insgesamt ist es toll, nach einem halben Jahr Pause endlich zurück zu sein und wieder anpacken zu können. Unsere Mitarbeiter strotzen vor Energie und Einsatzbereitschaft. Chief Seku geht dabei beeindruckend voran, immer wieder motiviert und bestärkt er seine Community, denn letztlich ist es ihre Schule, die hier neu entsteht. Gleiches gilt auch für Maramaia. Wir als Grünhelme freuen uns, dabei unterstützen zu können.

Simon Bethlehem