Vor einem halben Jahr haben wir den Bau der neuen Grundschule in Gbentu, im Norden Sierra Leones, abgeschlossen. Unmittelbar danach begann der Unterricht im neuen Gebäude. Heute ist die Schule eine Erfolgsgeschichte. Die Regenzeit hat auch in Gbentu Spuren hinterlassen. Tiefe Furchen in der „Hauptstraße“, verursacht von schweren LKW, die Gbentu auf ihrem Weg aus dem südlichen Guinea nach Freetown passieren, abgedeckte und eingestürzte Lehmhütten. Dieses Jahr fiel sie umso heftiger aus und dauerte umso länger an. Ein Zeichen des Klimawandels?
Der neuen Grundschule konnten die starken Regenfälle nichts anhaben. Sie hat ihre erste Probe bestanden. Zehn Monate hatten wir mit unserem lokalen Team an der Schule geschuftet. Das alte Grundschulgebäude war viel zu klein geworden für das wachsende Dorf Gbentu. Lediglich zwei Klassenräume gab es für die schon damals über dreihundert Kinder, sodass ein Großteil des Unterrichts im Freien stattfinden musste. In der Regenzeit unmöglich. Gerade rechtzeitig vor Beginn der diesjährigen Regenzeit konnte das neue U-förmige Gebäude mit sechs Klassenräumen, dazu Lehrer*innen- und Direktorenzimmer dann an die Community und die Schulbehörde übergeben werden. In Eigenregie hatte die Dorfgemeinschaft der Schule noch einen Anstrich verpasst ehe die Schule pompös vom Paramount Chief, dem traditionellen Würdenträger, eingeweiht wurde und der Unterricht endlich losgehen konnte.
Nun ein halbes Jahr später sprüht die Schule vor Leben. Die hellen Klassenräume mit ihren großen Fenstern und hohen Decken aus Schilfmatten sind voll besetzt. In manchen Räumen drängen sich schon jetzt die Kids zu dritt auf eine Schulbank – die neue Schule ist ein Magnet, die Anmeldungszahlen sind seit der Eröffnung in die Höhe geschossen. War die Schule ursprünglich für knapp 400 Kinder angedacht, sind es jetzt schon 480. Mit einer weiteren Steigerung wird im nächsten Schuljahr gerechnet.
Dafür ist natürlich nicht nur das neue Gebäude verantwortlich. Der seit 2018 amtierende Präsident Julius Maada Bio wurde vor allem gewählt, weil er freie Bildung für alle Kinder und Jugendlichen vom Kindergarten bis zum Abitur ins Zentrum seiner Kampagne stellte. Dieses gigantische Versprechen löst er nun nach und nach ein. Immer mehr der vormaligen Community-Schulen, die von den Dörfern selbst gegründet wurden, werden anerkannt und den Schulbehörden unterstellt. Doch dieses riesige Projekt der freien Bildung geht nicht ohne Wachstumsschmerzen vonstatten: Gut ausgebildete Lehrer*innen sind rar. Rasch wurden neue Ausbildungswege für Lehrkräfte aufgelegt, woraus schon bald die ersten Absolvent*innen an die Schulen geschickt werden sollen. Doch viele Lehrkräfte, gerade an den vormaligen Community-Schulen werden erst nach und nach in das Entlohnungssystem aufgenommen. Der Staatshaushalt stößt hier an seine Grenzen.
Die neue Schule in Gbentu kam also genau zur richtigen Zeit und liegt nun in den Händen einer Regierung, die den Wert von Bildung erkannt hat. Spannend ist zu sehen, dass in der ersten Klasse nun plötzlich ein Dutzend älterer Mädchen sitzt, die ihre Klassenkamarad*innen um mindestens einen Kopf überragen. Diese Mädchen kommen aus Nachbardörfern und konnten bisher nicht zur Schule gehen. Die Eltern konnten sich das Schulgeld für all ihre Kinder nicht leisten und so schickten sie nur die Jungs in den Unterricht. Jetzt, da der Schulbesuch kostenlos ist, dürfen endlich auch die Mädchen, mit einigen Jahren Verspätung zur Schule gehen.
Die Community von Gbentu liebt ihre neue Schule! Schließlich waren auch sie es, die dieses tolle Gebäude zum großen Teil gebaut haben. Das zu sehen ist für uns Grünhelme das schönste Geschenk. Ein großes Dankeschön an alle Spenderinnen und Spender. Ohne Sie Würde es diese Erfolgsstory nicht geben.