Der spannende Auftrag von Eugenie Musayidire in Ruanda. „Impuhwe Imana Niisoko Idakama – Die Barmherzigkeit Gottes ist eine niemals versiegende Quelle“. Mit diesen Worten begrüßt unsere Freundin Eugenie Musayidire Massenmörder und Verbrecher auf ihrer Vortragsreihe durch alle sieben Gefängnisse Ruandas.
Die Regierung hatte sie um diese Ansprachen gebeten, nachdem sie sich nun schon einige Zeit in dem von uns Grünhelmen gebauten Kinder- und Therapiezentrum im Gefängnis von Gitarama für die Versöhnung zwischen Opfern und Tätern des schrecklichen Genozids von 1994 einsetzt. Längst hat sich damit unter allen Gefangenen des Landes rumgesprochen, dass sie sich die wichtige Versöhnungsarbeit vorgenommen hat und dass sie alle Verbrecher und deren Anliegen mit offenen Ohren und offenen Armen empfängt. So bekommt sie jetzt Briefe von Menschen, die sich schon seit fast 20 Jahren bei den Angehörigen ihrer Opfer entschuldigen wollen!
Wie schon in Ihren Büchern: „Mein Stein spricht“ und „der Mörder meiner Mutter“ versucht die einst selbst im Völkermord zum Waisenkind gewordene Eugenie die Geschehnisse der schrecklichen Bürgerkriegszeit Ruandas zu verstehen und mit den Menschen aufzuarbeiten.
In ihrem Zentrum in Gitarama betreut Eugenie mittlerweile schon 33 Kinder, die alle im Gefängnis geboren sind und die – trotz ihrer Unschuld – nicht in die Welt hinter hohen Mauern und Stacheldraht hinausgelassen werden. In Eugenies Kindergarten sind die Kinder wenigstens für ein paar Stunden am Tag in kinderfreundlicher Umgebung und können so immerhin teilweise normal und behütet aufwachsen.
Auch für die Frauen im Gefängnis ist das Zentrum eine außergewöhnliche Oasis abseits des harten Gefängnisalltags geworden. Anders als die vielen veruteileten Männer dürfen zum Gefängnis verurteilte Frauen nämlich nicht mal zur Strafarbeit aus der natürlich streng bewachten Anlage heraus – zu groß ist den Aufpassern dort die Gefahr, dass sich die Frauen mit Männern treffen könnten und immer mehr Kinder im Gefängnis entstehen.
Wir freuen uns sehr, dass die Arbeit von Eugenie Musayidire so große Früchte trägt. Ganz besonders schön ist es vor allem zu hören, dass die Regierung nun in allen Gefängnissen Zentren wie das unsere aufbauen will.
Eugenie möchte aber auch in Zukunft erst mal ihre gute Arbeit in Gitarama weiterführen. Zur Vertiefung ihrer Versöhnungsarbeit träumt sie von einer großen Halle als Begegnungsstätte für alle Gefängnissinsassen. Diese Menschen sind Angehörige aller Kirchen (es gibt in Ruanda neben der katholischen Kirche auch viele Arten evangelischer Konfessionen und Muslime) und könnten neben den Treffen aus verschiedensten Anlässen auch gemeinsamen Gottesdienst abhalten.
Zusammen mit Eugenie überlegen wir daher wie die Grünhelme an diesem einzigartigen Projekt teilhaben könnten und wir suchen schon jetzt nach Architekten, die mit uns das vielleicht erste Gebäude der Welt entwerfen, das gleichzeitig Kirche und Moschee sein wird!
Till Gröner