Grünhelm-Freiwilliger Michael Hock berichtet, wieso er sich bei uns beworben und mittlerweile sogar schon zwei Einsätze gemacht hat. Und weshalb er jederzeit wieder auf „Mitarbeiten“ klicken würde.
Von Michael Hock
Bonn, 25.06.2024 – “Warum möchten Sie einen Einsatz bei den Grünhelmen machen?” Diese Frage wird allen Interessierten ziemlich zum Ende des Grünhelme-Bewerbungsformulars gestellt. Es ist ein Pflichtfeld, eine Chance oder ein Hindernis auf dem Weg zum ersten Einsatz mit den Grünhelmen.
Tja. Warum also?
Ich hatte vor gut vier Jahren in meiner Bewerbung geschrieben: „Um die Veränderung zu werden, die ich in der Welt sehen möchte“. Nicht mehr, nicht weniger.
Das klingt vielleicht naiv, unbedarft oder überheblich, vielleicht aber auch hoffnungsvoll und zuversichtlich. Später wurde mir gesagt, dass solch kitschige Bewerbungsschreiben normalerweise direkt aussortiert werden. Nachgefragt, ob das wirklich stimmt, habe ich nicht mehr. Vielleicht, weil ich trotzdem zum Bewerbertreffen eingeladen wurde, vielleicht aber auch aus Scham.
Für Veränderung muss ich mich immer wieder neu entscheiden
Eine Scham nicht vor meiner Motivation, sondern vor dem Resümee meiner Umsetzung derselben. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Satz sinnvoll ist, aber ich denke nicht, dass ich diese, meine erhoffte Veränderung, geworden bin.
Denn die Zeit in Mosambik hat mich gelehrt, dass diese Veränderung kein Status Quo sein kann. Diese Veränderung ist ein Weg, ein Weg, für den ich mich immer wieder neu entscheiden muss. Tag für Tag entscheide ich mich, entscheiden wir uns, im Kleinen und im Großen, wie wir leben, was wir tun und wer wir sein wollen.
Ein beeindruckendes Miteinander im Projekt
Ich glaube, dass viele der Menschen, die ich über die Grünhelme kennengelernt habe, durch ihre Entscheidungen Positives bewirken. Ob diese Entscheidungen immer in dem Bewusstsein einer persönlichen Verantwortung gegenüber der Weltgemeinschaft getroffen werden, ist zu bezweifeln.
Doch trotzdem: In Mosambik durfte ich erleben, dass alle – egal ob die Bevölkerung vor Ort, die Freiwilligen oder die Projektleiter – alle gleichermaßen Blut, Schweiß und Tränen opferten, um gemeinsam für ein besseres Morgen einzustehen. Ein wahrlich beeindruckendes und prägendes Miteinander.
Zweiter Grünhelme-Einsatz 2023/24
Schon bald waren drei Monate vorbei, im Flugzeug lief ein neuer Film und zu Hause ging das Studentenleben weiter. Ist das also die Veränderung, die ich in der Welt sehen will?
Nein. Und so begleitet mich diese verheißungsvolle Belanglosigkeit noch immer. Fast zwei Jahre später habe ich mir also ein weiteres Mal die Zeit genommen, um in den Einsatz zu gehen. Dabei wurde ich, vielleicht mehr als zuvor, in meinem Glauben an die Zukunft bestärkt. Denn im Libanon, inmitten von institutionalisierter, staatlicher Gewalt und Ablehnung, durfte ich zum Beispiel Abu Feyrouz kennenlernen und gemeinsam mit ihm für alle Kinder der Stadt Arsal einen mobilen Skatepark errichten. Er hat mir eine Freundschaft geschenkt, die ich nicht mehr missen will.
Freundschaften und unvergessliche Erlebnisse
Und im sierra-leonischen Dorf Tambia Balia kletterte ich mit dem kleinen Sayo auf Orangenbäume, in dem Wissen, dass ihm und allen Kindern der Region in wenigen Monaten eine weiterführende Schulbildung zur Verfügung stehen wird.
Diese und so viele weitere Freundschaften, Erlebnisse und Erfahrungen gegen vier Wochen Bettwanzen, drei Narben und ein paar neue Sorgenfalten einzutauschen ist schlicht und einfach ein richtiger Schnapper.
Sehr bald waren vier Monate vorbei, auch dieses Mal gab es im Flugzeug neue Filme und das Studium wartete zu Hause auf mich.
Mein Engagement für Veränderung geht weiter
Ich gehe weiter auf meinem Weg, hin zu der erhofften Veränderung. Auf vielerlei Weise zugleich bestärkt, fasziniert und beängstigt dadurch, wie sehr sich Menschen aufopfern können, um das Gute zu tun, bin ich zuversichtlich, die kommenden Streckenabschnitte in guter Gemeinschaft gehen zu dürfen.
Im Wissen um die Freundschaften und die Erlebnisse, die ich mit und durch die Grünhelme machen durfte, fällt mir die Entscheidung, nochmal auf “Mitarbeiten” zu klicken, nicht besonders schwer.
Michael Hock (24) ist ausgebildeter Zimmerer und kommt aus Kempten. Mittlerweile studiert er in Halle an der Saale Physik und Philosophie. Am Freitag, den 19. Juli 2024 berichtet er ab 19.30 Uhr im Pfarrsaal St. Lorenz, Herrenstraße 1, in Kempten von seinen Grünhelme-Einsätzen.
Du möchtest auch zu Veränderung beitragen?
Wir suchen ausgebildete Handwerker*innen, möglichst mit Berufserfahrung. Ebenso engagieren sich bei uns Bauingenieur*innen und Architekt*innen. Du solltest weltoffen sein, körperlichen und psychischen Belastungen standhalten sowie Freude an der Arbeit im Team haben. Ein Einsatz dauert in der Regel drei Monate und ist aktuell möglich in Sierra Leone (Bau von Schulen und Gesundheitsstationen), in Malawi (Schulbau) oder im Libanon (Skatepark und Tischlerkurse). Für Kfz-Fachleute kommt auch ein Aufenthalt in der Ausbildungswerkstatt im Senegal in Frage. In Syrien sind aus Sicherheitsgründen keine Freiwilligen-Einsätze möglich.
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